GENDER PENSION GAP
Die finanzielle Kluft im Alter
Heute möchte ich ein Thema ansprechen, das so viele von uns betrifft, aber oft übersehen wird: den Gender Pension Gap. Als systemisch-integrative Coach mit feministischer Perspektive sehe ich täglich, wie sich patriarchale Strukturen auf das Leben von Frauen auswirken – und leider zeigt sich das besonders deutlich bei der Altersvorsorge.
Die Realität der Rentenberechnung
Unser Rentensystem basiert noch immer auf einem veralteten Modell: 35-40 Jahre Vollzeitarbeit mit gutem Gehalt. Doch die Lebensrealität vieler Frauen sieht anders aus:
- Teilzeitarbeit dominiert: 66% der Mütter mit Kindern zwischen 3 und 6 Jahren arbeiten in Teilzeit, aber nur 6% der Väter.
- Erwerbsunterbrechungen: Frauen pausieren häufigerund länger für Kinderbetreuung oder Pflege von Angehörigen. Und übernehmen insgesamt sehr viel mehr Care-Arbeit.
- Lohnungleichheit: Der Gender Pay Gap liegt 2025 immer noch bei 16%.
Die Folgen: Altersarmut und Gender Pension Gap
Diese Faktoren führen dazu, dass Frauen deutlich häufiger von Altersarmut betroffen oder bedroht sind als Männer. Der Gender Pension Gap in Deutschland lag 2023 bei 27,1% – ohne Hinterbliebenenrenten sogar bei 39,4%.
Die Aufforderung sich um eine private Rentenvorsorge zu kümmern ist für manche fast zynisch. „Von was denn?” sagte eine Erzieherin unserer Kita dazu nur. Ihr Beispiel führt mir immer wieder drastisch und hautnah vor Augen, wie heftig und unfair es ist: Sie hat ihr eigenes Kind großgezogen, ihre Enkelkinder intensivst begleitet und unzählige Kita-Kinder auf ihren ersten Lebensjahren begleitet, ihnen Halt und Haltung gegeben und so einen unfassbar wertvollen Beitrag geleistet. Nun ist sie kurz vor der Rente, sie ist erschöpft um nicht zu sagen ausgezehrt, da die Arbeit anstrengend ist. Und sie weiß, jetzt nach so vielen Jahren Arbeit fängt die Armut an.
Dieses Beispiel als eines von vielen zeigt in vollem Maße die Geringschätzung von Kindererziehung, von Sorgearbeit, vom In-die-Welt-Bringen der nächsten Generationen. Es ist ein strukturelles Problem, welches wir als einzelne nicht ausreichend verändern können, aber wie immer gibt es doch ein paar Hebel im individuellen Verhalten, die etwas Linderung und Vorsorge bringen können.

Was können wir tun?
Auch wenn es sich um ein strukturelles Problem handelt, gibt es Möglichkeiten, gegenzusteuern:
1. Gleichberechtigte Aufteilung von Care-Arbeit: Ermöglicht Frauen mehr Erwerbsarbeit und damit mehr Rentenansprüche.
2. Finanzieller Ausgleich in Partnerschaften: Schafft einen Ausgleich für unbezahlte Arbeit – jetzt und in der Altersvorsorge.
3. Bewusstsein schaffen: Macht das Thema in eurem Umfeld sichtbar und sprecht es an.
Forderungen an die Politik
Das Thema Altersarmut von Frauen, verknüpft mit dem Gender Care Gap und dem Gender Pay Gap, wird in Politik und Gesellschaft noch immer viel zu wenig beachtet. Es könnte allen klar sein, doch sehenden Auges wird weiter darauf zu gelaufen. Es ist an der Zeit, dass wir handeln – individuell und kollektiv. Hier sind einige zentrale Forderungen an die Politik:
- Anerkennung von Sorgearbeit: Die Politik muss Maßnahmen ergreifen, um Sorgearbeit, einschließlich Kindererziehung und Pflege von Angehörigen, angemessen in der Rentenberechnung zu berücksichtigen.
- Schließung des Gender Pay Gaps: Es bedarf konkreter Schritte zur Beseitigung der Lohnungleichheit zwischen Männern und Frauen, um langfristig auch den Gender Pension Gap zu reduzieren.
Maßnahmen gegen die Motherhood Penalty, Förderung von Zugang für Frauen zu verantwortungsvollen und gutbezahlten Posten. - Die Politik sollte Anreize, welche eine ungleiche Verteilung von Sorgearbeit befördern abschaffen (Stichwort Ehegattensplitting – Steuerklassen3/5)
- Reform des Rentensystems: Eine grundlegende Überarbeitung des Rentensystems ist notwendig, um die Benachteiligung von Frauen aufgrund von Teilzeitarbeit und Erwerbsunterbrechungen auszugleichen.
- Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf: Es braucht bessere Rahmenbedingungen, wie z.B. den Ausbau von Kinderbetreuungsangeboten und flexiblere Arbeitsmodelle, JobSharing in Führungspositionen
- Bekämpfung von Altersarmut: Gezielte Maßnahmen zur Unterstützung von Frauen im Rentenalter, die von Armut bedroht sind, müssen entwickelt und umgesetzt werden.