“Wenn ich meinen Tag lückenlos und kleinteilig aufteile und verplane, bleibt keine Luft mehr für die Gemeinschaften, für die Zeitbedürfnisse meines Körpers oder die Dauer, die es objektiv braucht, um ein komplexes Problem erfolgreich zu lösen.”

Karlheinz A. Geissler in Time is Honey.

Was wie eine Banalität klingt, ist doch wichtig herauszustellen, denn so viele Menschen leben genau mit solch einem kleinteilig strukturierten Plan tagein, tagaus. Dass, das zu Unzufriedenheit und Erschöpfung führt, ist offensichtlich. Und doch ist es nicht leicht diesem weit verbreiteten Muster zu entkommen.

Wie so oft gibt es die gesellschaftliche Ebene, auf der strukturelle Veränderungen vonnöten sind, um ein Leben mit mehr Muße, Ruhe und Freude für alle zu ermöglichen. Der Standard einer 40h Arbeits-Woche plus aller Care- und Reproduktionsarbeitszeit dazu, die Idee, dass sich das ganze Privatleben um das Erwerbsleben herum organisieren muss und der Personal- und Platzmangel in Kinderbetreuung und Pflegeeinrichtungen, seien an dieser Stelle nur beispielhaft für einige Probleme genannt, die meiner Ansicht nach dringend einer Revision und politischer Veränderungen bedürfen, damit es mehr Zeitgerechtigkeit und Zeitwohlstand geben kann.

Doch wie bei jedem Thema gibt es auch eine Ebene auf die der einzelne Mensch durch Reflexion und verändertes Handeln einwirken und Spielräume vergrößern kann. In diesem Artikel möchte ich den Fokus darauf richten, wie wir mit Zeit umgehen, wie wir Zeit wahrnehmen, wie wir ihr begegnen. Ich möchte Perspektiven aufwerfen, Anregungen geben über den eigenen Umgang mit Zeit zu reflektieren und vielleicht hier und da die Gewichtung zu verändern und eine neue Richtung einzuschlagen.

 

machen wir uns auf den weg zu einem intensiveren zeiterleben und mehr zeitgenuss.

In welchem Tempo bewegst du dich durch dein Leben? Bist du im ständigen, atemlosen Erledigungsmodus? Ist Zeit für dich eine Feindin, mit der du ständig kämpfst oder die du gar beherrschen willst? Das Erleben von Zeitdruck, der Drang die Zeit besser in den Griff zu bekommen, um noch mehr zu schaffen, ist ein sehr verbreitetes Phänomen. In unserer Leistungsgesellschaft ist das Immerzu-beschäftigt-sein zu einer Art neuem Statussymbol geworden.

Ich schlage vor, dass wir einen Schritt zurücktreten von der rigiden Logik des Zeitnutzens und mit etwas Abstand auf das schauen, was wir Zeit nennen. Denn meiner Erfahrung nach führen, die Versuche Zeit zu managen und zu sparen, meist nicht zu mehr Zufriedenheit. Bei dem Versuch die Zeit zu managen, nehmen wir in der Regel nur uns selber immer fester in den Griff der Selbstdisziplin und takten unseren Alltag noch enger und strenger. Die Zeit selber vergeht weiter ungeachtet unserer Bemühungen. Und auch sparen können wir die Zeit nicht, denn wir können sie nicht festhalten, auf eine Bank tragen oder gar später mit unserer gesparten Zeit weiter leben.

Die Zeit vergeht völlig unabhängig davon, was wir tun, immer gleich. Oder anders betrachtet könnten wir sagen, sie entsteht in jedem Moment immer wieder neu. Das was vergeht ist nicht die Zeit, sondern wir.

eine balance aus rhythmus und takt.

 

Das Bild, welches wir von Zeit haben, ist genau das: ein Bild von Zeit, was heißen will, wir könnten auch ein anderes haben. In verschiedenen historischen Epochen und kulturellen Kontexten wurde und wird Zeit ganz unterschiedlich gesehen und wahrgenommen. Unsere heutige Vorstellung von Zeit ist geprägt von der Uhrzeit und der Taktung und Synchronisierung, die damit einhergehen. Doch die Uhr ist nur eine Abbildung der Zeit, eine Art die Zeit zu beschreiben. Neben der Uhrzeit gibt es die Naturzeit, zu sehen an Tag und Nacht, Jahreszeiten und vielem mehr. In der Naturzeit hat alles seine eigene Zeit, sie ist lebendig, elastisch und ungenau. Die Uhrzeit ist präzise und immer gleich. Aus diesen Zeitmustern ergeben sich Takt und Rhythmus. Die Uhrzeit gibt den Takt, die Naturzeit gibt den Rhythmus.

Als Menschen, biologische und zugleich soziale Wesen, bewegen wir uns immer zwischen diesen beiden Zeitmustern. Wir brauchen beide in einem stimmigen und angemessenen Sowohl-als-auch. Für das Erleben von Zeitzufriedenheit, von Lebendigkeit, brauchen wir Zeiten, die wir nach einem rhythmischen Muster leben. Das alleinige Leben nach Takt gefährdet unser Wohlbefinden, unsere Gesundheit und unsere Leistungsfähigkeit.
Oft kommt es zu Konflikten zwischen den Zeitvorgaben, die wir aus der Logik von Takt und Uhr ziehen und jenen, die uns zum Beispiel unser Körper als lebender Organismus signalisiert durch Erschöpfung, Hunger, Bewegungsdrang oder ähnliches. Rhythmen müssen wir nicht erst herstellen, sie wohnen uns inne, doch wir müssen ihnen Raum geben und sie nicht völlig der Taktung unterwerfen. Das genau passiert aber leicht in einer Gesellschaft in der Zeit als Geld betrachtet wird, Leistung zu Anerkennung führt und Muße aller Laster Anfang ist.
Hier ist es wichtig auszuloten, wo unter den gegebenen Umständen deine Spielräume sind, um eine Balance zwischen Rhythmus und Takt zu leben.

wir brauchen zwischen­zeiten.

 

Ein weiteres wichtiges Element sind Zwischenzeiten und Pausen in ganz verschiedenen Formen. In einer Welt in der ständig alles verfügbar ist, man in jeder kleinsten Pause, durch ein kleines Gerät in der Hosentasche die ganze Welt zur Verfügung hat, verlieren wir die Zwischenzeiten, Pausen, Ruhemomente, die wir so dringend brauchen und die unser Erleben vertiefen. Es gibt kein Anfang und kein Ende mehr, alles geht immer weiter und von allem könnte jederzeit mehr getan, konsumiert, geschafft und erfahren werden. Das führt zu Rastlosigkeit und Erschöpfung.

Lasst uns Pausen nicht als Beschleunigungsreserven eintakten, sondern kultivieren wir sie als Momente des Übergangs, als Atem- und Regenerationspausen, als Momente des Nichtsmüssens und als Überraschungsmomente, in denen Ungeahntes entstehen kann.

anregungen für mehr zufriedene zeit in deinem alltag.

 

Menschen, die unter Zeitdruck leiden, leiden oft eigentlich darunter, zu wenig zufriedene Zeit zu verbringen. Geht es dir auch so? Dann schau doch mal, ob du eine dieser Anregungen für dich nutzen kannst, um mehr zufriedene Zeit in dein Leben zu bringen.

  • Mach dir bewusst, was du für Glaubenssätze und Bilder über Zeit hast und wie sie dein Handeln beeinflussen? Wie sprichst du über Zeit? Wie tut es dein Umfeld?
    Welche Sprichwörter über die Zeit hast du verinnerlicht?
    Woher kommen Sie? Und passen sie zu deinem Leben, deinen Werten, deinen Wünschen?
  • Beobachte Kinder dabei, wie sie Zeit verbringen. Vielleicht kannst du etwas von Ihnen lernen.
  • Baue Momente in deinen Alltag ein, wo du die Uhr ignorierst, wo du dir erlaubst nach deinem Rhythmus zu gehen. Erlaube dir eine Aufgabe in der Zeit zu machen, die die Aufgabe wirklich erfordert und nicht in der Zeit, die dein Kalender dafür vorsieht.
  • Baue Pausen ein, ganz kleine in denen du einfach mal durchatmest und in deinen Körper rein spürst: Wie sitze/stehe ich gerade da? Was spanne ich an (Schultern, Kiefer, Augen, …)? Was kann ich loslassen? Wie fühlt sich das an?
    Und größere Pausen, denn nur durch Pausen können neue Ideen, kann Kreativität entstehen und kannst du wieder zu Kräften kommen.
  • Beobachte wie schnell du auf gewohnten Wegen in der Regel läufst. Und frage dich: Wie fühlt sich das an? Ist das Tempo gerade gut und angebracht oder will ich das anders machen?

Beobachte in welchen Momenten du deine Zeit genießt. Nimm das wahr mit allen Sinnen und genieße es in vollen Zügen. Manchmal muss man gar nicht mehr von etwas in den Terminkalender holen, sondern kann das Mehr schon dadurch leben, dass man das Bestehende intensiviert.

Viel Spaß auf deiner Reise zu mehr zufriedener Zeit.
Wenn du dir Begleitung auf der Reise wünschst, dann könnte mein Einzelcoaching-Programm Erfüllte Zeit, statt gefüllter Tage etwas für dich sein. Hier findest du alle Informationen.

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