bremsende stimmen in deinem kopf
Du hast einen großartigen Plan, bist voller Tatendrang und dann – wie aus dem Nichts – meldet sich eine Stimme in deinem Kopf, die dich zurückpfeift: „Na, ob das was wird!?“ oder „Wer glaubst du eigentlich, wer du bist, dass du so ein Projekt auf die Beine stellst?“ So, oder so ähnlich … Vertraut ist die Stimme und wirkungsvoll, denn sie kennt deine Schwachstellen.
Doch manchmal gibt es einen leisen Impuls in dir, diese Stimme einfach vor die Tür zu setzen. Soll diese*r innere Kritiker*in doch mal einen Kaffee trinken gehen und dich in Ruhe Pläne schmieden lassen?
Diesen Impuls will ich in diesem Blogartikel stärken und dir ein paar Ideen mitgeben, wie du mit deinen inneren Kritiker*innen umgehen kannst. Denn wenn sie ungehindert am Werk sind, können dich diese ungebetenen Gäste ganz schön ausbremsen.
Woher kommen diese Besserwisser*innen?
Deine inneren Kritiker*innen sind oft das Ergebnis jahrelanger Prägung – durch Eltern, Lehrer*innen, Gesellschaft und auch durch patriarchale Strukturen. Viele Frauen kennen das Gefühl, ständig nicht gut genug zu sein, perfekt sein zu müssen oder sich für Erfolge rechtfertigen zu müssen. Teil von patriarchalen Strukturen ist es, dass Frauen lernen, bescheiden zu sein, nicht zu viel Raum einzunehmen und bloß nicht “zu viel” zu wollen. Hier spielen innere Kritiker*innen und patriarchale Strukturen Hand in Hand.
Viele deiner Selbstzweifel und innere Sabotage-Akte sind also tief in gesellschaftlichen Strukturen verwurzelt. Der weibliche Selbstwert wurde jahrhundertelang systematisch untergraben – sei es durch die Reduzierung auf Äußerlichkeiten, die Abwertung “weiblicher” Eigenschaften oder die Verweigerung von Bildung und Selbstbestimmung. Diese Rollenbilder aufzubrechen, ist ein wichtiger Schritt.
Neben der gesellschaftlichen Ebene gibt es natürlich auch die inneren Stimmen, die auf konkrete, prägende Personen oder Ereignisse zurückzuführen sind. Wenn du z. B. in einer Umgebung aufgewachsen bist, in der es klare Vorstellungen von richtig und falsch gab und schnelle Urteile über Menschen und Handlungen gefällt wurden, dann mag eine innere Stimme dir bei Abweichungen vom richtigen Weg vielleicht herbe Vorwürfe machen.
Den Freiraum erweitern: Finde einen förderlichen Umgang mit deinen inneren Kritiker*innen
Bewusstsein schaffen, hinterfragen und dekonstruieren
Der erste Schritt zur Veränderung ist das Erkennen. Beobachte deine inneren Dialoge.
Wann tauchen die Kritiker*innen auf?
Was genau sagen sie?
Oft stecken hinter den kritischen Stimmen alte Glaubenssätze oder Ängste.
Nimm die Aussagen, die du innerlich vorgehalten bekommst, unter die Lupe.
Woher stammen diese Gedanken?
Sind sie deine eigenen oder hast du sie von außen übernommen?
Stimmen sie mit deinen Wertvorstellungen überein?
Weißt du, aus welcher Situation in deinem Leben sie stammen?
Kannst du zuordnen, von wem du diese Sätze kennst?
Ein Interview mit deiner*m inneren Kritiker*in führen
Ein hilfreicher Weg, um deine*n innere*n Kritiker*in besser zu verstehen und ihren Einfluss zu schmälern, ist ein direktes “Interview” mit ihr/ihm.
Stelle dir vor, dass dein*e innere*r Kritiker*in eine Person ist, die dir gegenüber sitzt. Frage sie/ihn, warum sie/er so streng zu dir ist, was sie/er erreichen und wovor sie/er dich bewahren möchte. Warte ab, welche Antworten aus deinem Inneren auftauchen. Und schaue sie dir in Ruhe an.
Oft steckt hinter der harten Kritik eine Art Schutzmechanismus, der dich vor Enttäuschungen oder Gefahren bewahren will. Durch ein Interview kannst du herausfinden, welche Ängste und Überzeugungen deine*n innere*n Kritiker*in antreibt, und wobei dir die Stimme behilflich ist.
Manchmal können die Stimmen sogar zu Verbündeten werden, wenn sie dich auf echte Risiken hinweisen oder dir Bereiche zeigen, in denen du noch wachsen kannst und willst. Der Trick ist, ihre Botschaften zu entschlüsseln und das Konstruktive herauszufiltern.
Und wenn du zu dem Schluss kommst, dass du diese Form der Unterstützung und Warnung nicht mehr brauchst, kannst du der Stimme für die jahrelange Begleitung danken und versichern, dass du jetzt neue Wege gefunden hast, in brenzlichen Situationen auf dich zu achten.
Schaffe dir eine*n wohlwollende*n Begleiter*in
Um deinem inneren Kritiker etwas entgegensetzen zu können, kann es hilfreich sein, dir einen wohlwollende*n Begleiter*in zu schaffen. Mit Hilfe dieses unterstützenden Mitglieds deines inneren Teams kannst du die Macht von kritischen Stimmen abschwächen.
Vielleicht hast du schon so eine innere Figur. Nach Friederike Potreck-Rose kannst du dir eine fürsorgliche, unterstützende Figur auch bewusst etablieren. Stelle sie dir genau vor, gib ihr einen positiven Namen und ziehe sie immer wieder als Unterstützung heran. Mit etwas Übung hilft dir diese innere Instanz dabei, mehr Wohlwollen für dich selbst zu entwickeln und eine positivere Selbstwahrnehmung zu kultivieren.
Die/der wohlwollende Begleiter*in kann dich auf verschiedene Weisen im Umgang mit der*m inneren Kritiker*in unterstützen:
- Perspektivwechsel: Er*Sie ermutigt dich dazu, Situationen aus einem anderen, wohlwollenden Blickwinkel zu betrachten.
- Realitätscheck: Der*Die wohlmeinende Begleiter*in hinterfragt überkritische Gedanken und hilft, diese auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen.
- Selbstmitgefühl: Der*Die Begleiter*in fördert einen liebevolleren Umgang mit dir selbst und hilft, dir eigene Schwächen zu akzeptieren.
- Ressourcenaktivierung: Er*Sie erinnert dich an deine persönlichen Stärken und frühere Erfolge, und stärkt so dein Selbstvertrauen.
- Ermutigung: Er*Sie motiviert dazu, neue Herausforderungen anzunehmen und aus der Komfortzone herauszutreten.
- Selbstfürsorge: Der*Die Begleiter*in erinnert an die Wichtigkeit, dich gut um dich selbst zu kümmern in deinem Alltag.
Austausch und Unterstützung
Und natürlich hilft es, sich mit anderen Menschen ehrlich auszutauschen, sich Feedback und Einschätzungen von Personen deines Vertrauens einzuholen, Fremd- und Selbstwahrnehmung abzugleichen und sich gegenseitig zu bestärken und zu unterstützen.
Erinnere dich: Nicht nur du hast eine*n innere*n Kritiker*in. Du bist nicht allein mit deinen Zweifeln und Ängsten. Durch das Teilen von Strategien können alle voneinander lernen.
Die Arbeit an deiner*n inneren Kritiker*in ist ganz sicher nicht immer einfach, aber sie ist so lohnend. Mit jedem Schritt, den du in Richtung Selbstakzeptanz und Selbstermächtigung gehst und Wege jenseits von Rollenerwartungen schaffst, veränderst du nicht nur dein eigenes Leben, sondern auch die Welt um dich herum ein kleines Bisschen.
Wenn du dir Begleitung wünschst bei der Arbeit mit deiner*m inneren Kritiker*in, dann stehe ich dir gerne im Einzelcoaching zur Seite.
Und wenn du Lust auf inspirierenden Austausch mit anderen, tollen Frauen zu diesem und vielen weiteren Themen hast und dir eine verlässliche Begleitung in der Gruppe über ein Jahr wünschst, dann schau dir das Programm des feministischen Jahrestrainings SCHÄTZE HEBEN SPRÜNGE WAGEN an.